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„Wie ich lernte, den Roflcopter zu fliegen“– Eine Erwiderung auf Agnes Krumwiede und die anderen 100 Köpfe

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Aktuell in der Politikgemeinde: #piraten #wahlkampfnrw #agenda #urheberrecht. Und alle machen mit. Heute mit MdB Agnes Krumwiede, Sprecherin für Kulturpolitik von B90/Grüne.

Sie ist studierte Pianistin, schwebt als Urheberin also auf ausreichender Schöpfungshöhe. Gerade eben machte sie einen Zwischenstopp auf den Internetseiten der tageszeitung – mit einem fröhlichen Artikel namens „Keine Angst vor dem Shitstorm„. Es geht um geistiges Eigentum, Populismus und demagogische Panikmache. Oder, um Frau Krumwiede selbst zu Wort kommen zu lassen:

„Die manipulative Kraft der Sprache beherrscht unsere Debatten, im Subtext geht es um die Existenzberechtigung des Urheberrechts.“

Aufgepasst: Gleich geht’s weiter zum Subtext!

Subtext

Das Handelsblatt rief zur Mobilmachung von gleich 100 Köpfen, davor tanzte schon Krautrock-Barde Sven Regener den Urheber-Blues und der Grüne Hesse Daniel Mack forderte gar das Ende der gesellschaftszersetzenden Kostenloskultur. Jetzt also Agnes Krumwiede. Es scheint, als wäre das Abendland in Gefahr. Und wer ist Schuld?

Natürlich, das Internet und seine Kostenloskultur, schamlos ausgelebt und verteidigt von der „teilweise anonymen Masse“, wie Krumwiede sie nennt. (Es ist übrigens bezeichnend, dass es den deutschen Verlegern tatsächlich gelang, bei unreflektierten Politikern den Begriff Kostenloskultur als Synonym für Filesharing und Raubkopien zu etablieren.)

Weil immaterielle Rechtsgüter durch die Digitalisierung von jedermann beliebig reproduzierbar sind, eignen sie sich hervorragend zum Tauschen und Teilen. Und aus der Menschheitsgeschichte wissen wir: Kulturtechniken, die uns Menschen schneller zum Ziel führen, setzen sich durch.

Es ist also gar nicht die Frage, ob sich Filesharing in Zukunft unterbinden lässt (Antwort: Nein), sondern, wer am Ende noch etwas daran verdient, wenn unzählige Kopien von Daten durch die Tubes rauschen.

Oder, wie Krumwiede es ausdrückt: „Warum sollten Erben von Urhebern nicht von Tantiemen profitieren, den Erben eines Hauses wiederum Mieteinnahmen zustehen?!“

Zwar sind manche Musikstücke aus der Vergangeheit tatsächlich teure Sanierungsfälle mit erheblicher Asbestbelastung für den guten Geschmack, aber der Vergleich hinkt trotzdem. Wenn ein Haus sich per Mausklick einfach so kopieren lassen würde – dann hätte Neuburg an der Donau wahrscheinlich auch einen Commerzbank-Tower.

Natürlich kann die „Verkörperung einer musikalischen Idee“ finanziell aufwendig sein – da hat Krumwiede recht. Und so ein Investment muss sich auch auszahlen. Vielleicht ist da Kostenreduktion ein Schritt in die richtige Richtung? Den Vorschlag der „selbsterklärten Hüter der digitalen Welt“, mit dem Internet als Freund die Produktion und den Vertrieb zu optimieren und Kosten zu senken, hält Krumwiede jedoch für Kappes:

„Das Internet kann keinen Verleger und Investor, keinen Tonmeister und Produzenten ersetzen. Es hat keinen Intellekt, keine Fantasie, keinen künstlerischen Instinkt, keine Managementqualitäten. Das Internet ist ein Medium und kein Partner für Urheberinnen und Interpretinnen.“

An dieser Stelle offenbart, sich, dass Krumwiedes ablehnende Haltung auf einem geradezu tragischen Missverständnis beruht: Das Internet ist kein Medium.

It’s the infrastructure, stupid!

Wenn etwas fantasielos ist, dann die Vorstellung von Krumwiede, was das Internet ist und was es kann. Oder auch nicht kann.

Das Internet ist eine Infrastruktur, die immer mehr Gesellschaftsbereiche digital implementiert und miteinander verknüpft. Das Internet ersetzt nicht Verleger, Investoren, Tonmeister und Produzenten, sondern verbindet sie, führt sie zusammen mit den Künstlern. Die Transaktionskosten für die Kontaktaufnahme, Kooperation und Beziehungspflege mit diesen Personen werden durch das Internet dramatisch gesenkt.

Die Digitalisierung ermöglicht Künstlern beispielsweise, Investoren in Übersee zu finden, oder aber – wie die startconference für Kulturschaffende – sich durch Crowdfunding zu finanzieren.

Unbekannte Musiker bekommen auf Plattformen wie DatPiff oder BandCamp die Gelegenheit, ihre Musik einem immens großen Publikum vorzustellen. Musiker/Bands/Kollektive wie etwa OFWGKTA haben ihren Ruhm der cleveren Selbstvermarktung zu verdanken – mit Instrumenten des Internets.

Ganz zu schweigen, von zahlreichen Tools, die von Künstlern direkt für kreative Arbeit genutzt werden können. Kostenlos, wie etwa das mächtige Bildbearbeitungsprogramm GIMP, das es ohne Internet so sicher nicht gäbe.

Klar ist: Diese Welt muss man sich erst einmal erschließen. Für eine kategorische Verweigerung gibt es allerdings längst keinen legitimen Grund mehr. Den Roflcopter zu fliegen – das kann man lernen.

Kleinster gemeinsamer Nenner

Krumwiedes Ignoranz ist umso ärgerlicher, als dass sie gegen Ende ihres Artikels tatsächlich einen Punkt anspricht, den zu thematisieren sich lohnt:

„Nicht nur illegales Filesharing oder „Raubkopien“ – ein Unwort der „Urheberrechtsseite“ – tragen zur prekären Situation von Künstlern und Musikern bei, sondern auch unfaire Verträge. Urheber benötigen eine bessere Verhandlungsposition, das Urhebervertragsrecht muss dringend reformiert werden.“

Oha?! Ein differenziertes Feindbild? Plötzlich stehen auch Menschen am Pranger, die eigentlich feste in den Reihen der Verteidiger „geistigen Eigentums“ mitmarschieren. Oliver Stock zum Beispiel, der als Online-Chefredakteur für die Handelsblatt-Kampagne „Mein Kopf gehört mir“ seinen selbigen hinhält. Herr Stock muss sich fragen lassen, warum er in seinem Comedy-Video von Qualität spricht, die seine Mitarbeiter in Textform liefern und die ihren Preis hat – auf der anderen Seite aber Thomas Mrazek, Vorsitzender des Fachausschusses Online beim Deutschen Journalisten-Verband, etwas ganz anderes behauptet:

Er sagt, Onlineredakteure seien immer noch oft genug das fünfte Rad am Wagen. „Die wenigen Onlinejournalisten müssten, was ihr Können betrifft, mit angezogener Handbremse arbeiten und die Content-Maschinen rund um die Uhr füttern.“

Die Debatte um das Urheberrecht ist, sofern sie von Verlegern geführt wird, eine Scheinheilige. Das hindert Krumwiede nicht daran, wider besseren Wissens auf deren Demagogie-Dampflok aufzuspringen und noch mal kräftig Kohlen in den Kessel zu schippen:

„Die schweigende Mehrheit darf die Deutungshoheit beim Urheberrecht nicht dem Shitstorm überlassen. Liebe Urheber, Künstler und Kreative, wehrt euch gegen politische und gesellschaftliche Kräfte, die euch ausbeuten und eure Rechte kapern wollen!“

Liebe Agnes Krumwiede, die Urheber, Künstler und Kreativen sind Teil dieses „Shitstorms“. Fall doch nicht auf diesen ganzen Demagogie-Scheiß rein, den die Vertreter hoffnungslos veralteter Geschäftsmodelle gerade mit aller Macht in die Öffentlichkeit blasen. Vielleicht denkst Du einfach mal darüber nach, welche Möglichkeiten es in Zukunft für ein Urheberrecht gibt. So wie Thomas Stadler, der sich von Berufs wegen damit auskennt:

„Es wäre wünschenswert, das Urheberrecht als ein Recht auszugestalten, das sich in einem ergebnisoffenen Abwägungsprozess zu anderen Rechtspositionen befindet. Insoweit wäre das europarechtliche Postulat des grundsätzlichen Vorrangs des Urheberrechts durch eine Fair-Use-Klausel zu ersetzen, die im Falle eines ausreichend großen Allgemeininteresses auch weitgehende Einschränkungen zulässt.“

Wollen wir Schluss machen mit diesem ganzen Wahlkampfscheiß und uns – kreativ! produktiv! sachlich. – mit dem Urheberrecht auseinandersetzen? Ein ernst gemeintes Angebot.

Der Beitrag „Wie ich lernte, den Roflcopter zu fliegen“ – Eine Erwiderung auf Agnes Krumwiede und die anderen 100 Köpfe erschien zuerst auf #cluetrainpr by Thilo Specht.


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